Risikoeinschätzung einer Coronavirus-Infektion im Bereich Chormusik

06.05.2020

Eine Studie von Prof. Dr. med. Dr. phil. Claudia Spahn und Prof. Dr. med. Bernhard Richter vom Freiburger Institut für Musikermedizin an der Hochschule für Musik Freiburg kommt zu dem Ergebnis, dass u.a. 2 Meter Abstand beim Singen sowie eine gute Belüftung des Probenraums das Infektionsrisiko auf ein Minimum reduzieren.

Die wissenschaftliche Datenlage hinsichtlich der spezifischen Situationen in der Musikausübung ist im Themenfeld Corona-Virus-Infektion immer noch dünn. Seit der ersten Risikoeinschätzung vom 25.04.2020 wurden jedoch wissenschaftliche Untersuchungen initiiert. Darüber hinaus liegen inzwischen von verschiedenen Stellen Gefährdungsbeurteilungen für singende Personen vor, die in ihren Aussagen teilweise noch erheblich differieren. Ziel bleibt es, getroffene Einschätzungen anhand neuester wissenschaftlicher Ergebnisse zu korrigieren und entsprechend anzupassen und einen Austausch hierüber herbeizuführen.

Bei einer ersten Messung u.a. bei singenden Personen wurden sowohl qualitative Versuche zur Strömungsvisualisierung als auch quantitative Messungen der Luftgeschwindigkeiten in verschiedenen Abständen durchgeführt. Die Messergebnisse müssen noch im Detail ausgewertet werden, was einige Tage benötigt. Als erstes Zwischenfazit lässt sich jedoch festhalten, dass in 2 Metern Abstand von den singenden Personen kein Unterschied zur normalen Luftströmung messbar war.

Wichtig ist, dass die gültigen Vorgaben hinsichtlich Abstandsregel, Kontaktbeschränkungen, Obergrenzen für Gruppengrößen von Personen in einem Raum, zeitlicher Begrenzung von neuen Kontakten sowie Hygieneregeln und Tragen von Atem- und Nasenschutz im öffentlichen Raum unbedingt von allen Personen in Musiziersituationen entsprechend befolgt werden müssen. Aktuell wurde nochmals darauf hingewiesen, dass am 06.05.2020 seitens der politisch Verantwortlichen von Bund und Ländern die Kontaktbeschränkungen nochmals – wenn auch in modifizierter Form – bis zum 06.06.2020 verlängert wurde.

Weiterhin sollte streng darauf geachtet werden, bei vorhandenen Krankheitssymptomen wie Fieber, Husten oder Verlust der Riech- und Geschmacksfunktion jeden Kontakt mit anderen soweit als möglich zu vermeiden, da von einem Vorhandensein einer Covid-19 Infektion in diesen Fällen auch ohne positiven Virustest so lange auszugehen ist, bis das Gegenteil bewiesen werden konnte. Bei Symptomen sollte eine freiwillige Quarantäne auch ohne Nachweis einer Infektion unbedingt durchgeführt werden.

Spezifische Gefährdungsaspekte für singende Personen

Gesichert ist, dass die Tonproduktion mittels eines Ausatemstroms erfolgt. Physiologisch ist diese Tonproduktion dadurch gekennzeichnet, dass dieser Ausatemstrom bei singenden Personen periodisch an den Stimmlippen unterbrochen wird. Dadurch strömen nach aktuellem physiologischem Wissensstand nur geringe Mengen Luft pro Zeiteinheit tatsächlich aus dem Mund der singenden Personen aus. Die aktuellen Messungen stützen diese Annahmen.

Bei singenden Personen kann es auch außerhalb der Tonproduktion zu nicht unerheblichen Schleimproduktionen kommen. Zum einen ist nicht selten beim Einsingen zu beobachten, dass vermehrt Schleim produziert wird, der dann durch Husten oder Räuspern aus dem respiratorischen System entfernt wird. Ebenso kann es bei längerem Singen durch Überlastung des Respirationstraktes zu vermehrter Schleimbildung kommen.

Aus Sicht der Forscher ist die Einhaltung von Abstandsregeln weiterhin sehr wichtig. Aufgrund der neuesten Messergebnisse erscheint es nicht notwendig, den Abstand mit 3-5 Metern deutlich überzuerfüllen. Ein Abstand von 2 Metern scheint als Mindestabstand ausreichend zu sein, da in dieser Entfernung bei den Messungen keine zusätzliche Raumluftbewegung beim Singen festzustellen war. Weiterhin gilt, dass ein Musizieren in sehr großen Räumen, wie beispielsweise Konzertsälen oder Kirchenräumen, günstig erscheint. Eine Durchlüftung in regelmäßigen Zeitperioden erscheint weiterhin als wichtig.

Chorsingen

Beim Chorgesang sind die physiologischen Grundlagen hinsichtlich der tiefen Ein- und Ausatmung in gleicher Weise vorhanden. Bei Chören ist es nach den neuesten Messungen ausreichend, wenn Abstände von mindestens 2 Metern zwischen den singenden Personen eingehalten werden. Probenräume sollten möglichst groß sein und es sollte zudem gründlich und regelmäßig gelüftet werden. Die Anzahl der Mitwirkenden muss auch hier den derzeit gültigen Verordnungen entsprechen.

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